Zum Tag des offenen Denkmals 2020

  • Posted on: 12 September 2020
  • By: Johannes

Der Südbahnhof - ein Denkmal, das künftig nicht mehr offen ist?

 

Die Bauarbeiten am ersten Abschnitt des Chemnitzer Bahnbogens sind in vollem Gange. Der größte Teil der historischen Brücken ist schon abgerissen und durch Neubauten in der Standardbauweise 'Walzträger in Beton' ersetzt worden. Damit wurden bereits viele wertvolle Denkmale zerstört, an die zukünftig lediglich mittels einzelner punktuell vorgesetzter, bisheriger Brückenteile erinnert werden soll. 

Wenn die Festlegungen im Planfeststellungsbeschluss zum Umbau des Chemnitzer Bahnbogens dann in vollem Umfang umgesetzt sein werden, ist der einst stattliche und repräsentative Bahnhof nur noch eine 'kleine Verkehrsstation'. Nachdem 2004 die hölzerne Überdachung des 'Auer' Bahnsteigs abgerissen und dieser 2018 für den Personenverkehr geschlossen wurde, verschwindet jetzt auch das historische Dach vom Bahnsteig der 'Zwickauer' Strecke. Was laut dem Projekt übrigbleibt, ist ein neuer Mittelbahnsteig mit Wartehäuschen für die Dresden-Zwickauer Strecke, der neue Treppenzugänge zur Bernsdorfer und Reichenhainer Straße erhält. Nun ist durchaus nichts gegen das Vorhaben einzuwenden, den Zugang von der Bernsdorfer Straße mit einem Aufzug auszustatten und somit barrierefrei zu gestalten. Eine solche Modernisierung werden sicher alle Bahnreisenden begrüßen. Hingegen darf man schon die Frage stellen, ob eine Verkürzung des neuen Bahnsteiges auf 140 Meter allen künftigen Anforderungen, wie etwa durch größere Zuglängen oder dem zusätzlichen Halt von grundsätzlich längeren Zügen, gerecht wird. 

Bei Umsetzung des Umbaus, wie von der DB Netz AG geplant, wird es auch den Zugang und die Räume des Bahnhofes an der Südbahnstraße nicht mehr geben. Alles das soll demnach unwiederbringlich mit Blähbeton verfüllt werden. Mit als Attrappen aufgemalter Tür und solcherlei Fenstern soll die historische Ansicht gewahrt werden. Derartige planerische Überlegungen sind nur mit kurzfristigen – und vor allem kurzsichtigen – Kostenerwägungen zu erklären. Sie werden der auch für die Deutsche Bahn geltenden Verpflichtung zum Erhalt von Denkmalen nicht im Entferntesten gerecht. Der derzeitige Stand des Bauvorhabens ließe noch bessere Lösungen zu. Deshalb versucht der Viadukt e.V. gemeinsam mit der Stadt Chemnitz, die DB Netz AG zum Umdenken zu bewegen, und bittet sie, den Zugang und die Räume an der Südbahnstraße zu erhalten. 

Erfreulicherweise investieren heute wieder Privatpersonen im Umfeld des Südbahnhofes. Häuser werden aufwändig saniert, Geschäfte und kleine Gaststätten wurden bereits eröffnet. Die bahneigenen Räume an der Südbahnstraße zu erhalten wäre ein toller Beitrag, mit dem auch die Deutsche Bahn diese Entwicklung weiter befördern könnte. So handelt es sich bei ihnen doch um echte Kult(ur)räumlichkeiten, die so viele Chemnitzer:innen mit fröhlichen Abenden und durchtanzten Nächten in Verbindung bringen. Eine Jugend-oder Musikklubnutzung käme dabei genauso infrage wie eine Fahrradabstell-, Ausleih- und Servicestation oder Gastronomie und Einzelhandel. Dafür spricht auch die inzwischen erreichte Situation, dass derzeit nahezu alle erdgeschossigen Gewerbeflächen im Umfeld vermietet sind. Dieser beachtliche Zustand zeigt das Potential und die positive Entwicklung des Standortes 'Südbahnhof', welche auch eine leichte Vergabe der Stuben unter der Eisenbahn erwarten lässt. Natürlich beflügelt obendrein die günstige Lage – mittig zwischen jeweils fußläufig gut erreichbarem Campus der Universität und der Chemnitzer Innenstadt – die Revitalisierung des Bahnhofsumfeldes zu einem beliebten Ort für gesellschaftliche Aktivitäten. 

Anfang des Jahres haben einige mit uns in Verbindung stehende Personen des angrenzenden Wohnviertels eine dazu passende Idee im Zuge der laufenden Kulturhauptstadtbewerbung eingebracht. Sie zielt darauf ab, die inzwischen über verschiedene Förderungen entstandenen Erfolge und Verbindungen der örtlichen Beteiligten auszubauen. In dem Rahmen soll auch die nähere Umgebung unter weiterem Gebrauch von möglichen Unterstützungsprogrammen belebt und für die Zukunft gestaltet werden. Davon wiederum wird auch die Vermarktung der heutigen Gewölberäume profitieren, die als einzige Lokalität auf der südlichen Straßenseite von Görres- und Südbahnstraße von besonders hoher Bedeutung sind.

 

PS: Viadukt e.V. wird in diesem Jahr keine eigene Veranstaltung zum Tag des offenen Denkmals anbieten. Die Deutsche Bahn wird aber in einem online-Format Vorträge zur Sanierung des Viaduktes halten. Zuschauer können über die Chat-Funktion sich an Diskussionen beteiligen. Zur Anmeldung gelagt man über den folgenden Link: https://www.tag-des-offenen-denkmals.de/denkmale/887fc65d-c696-11ea-ab68-960000611c47

Kritische Begleitung und Beteiligung an der digitalen Veranstaltung ist sehr willkommen!